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EUROPÄISCHES SEGEL-INFORMATIONSSYSTEM

Sportseeschiffersein + Sporthochseeschifferschein

Dank an Patrick Schulze

	Subject:         Sportseeschifferschein
	Date:         Wed, 28 Jan 1998 20:50:40 +0100
	From:         Richard.Kolder@t-online.de (Richard Kolder)
	
	Im gleichnamigen Buch von Delius Klasing (v.Haeften)ist die Angabe,dass
	die praktische Pruefung drei Jahre nach Bestehen der Theorie abgelegt
	werden kann falsch. Richtig ist 3 Jahre nach Beginn der ersten
	Teilpruefung.
	Gruss Richard
	


Seit dem 1. Januar 1994 gibt es in der Sportschiffahrt zwei neue Führerscheine, den Sportsee- und den Sporthochseeschifferschein.
Wie der Name bereits sagt, handelt es sich um Skipperqualifikationen für Seefahrt beziehungsweise Hochseefahrt. Dieses sind vom DSV bzw. DMYV im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums ausgestellte, amtliche Befähigungsnachweise zum Führen von Yachten, Ausbildungs- und Traditionsschiffen.
Diese beiden neuen Scheine sind grundsätzlich freiwillig. Nur für Traditionsschiffe und Ausbildungsfahrzeuge werden sie, wie dies auch in den letzen Jahren mit dem Sporthochseeschifferzeugnis und dem C-Schein des DSV der Fall war, vorgeschrieben.

Der Sportseeschifferschein (SSS)

Es gibt zwei Arten des Sportseeschifferscheins, den mit Antriebsmaschine und den mit Antriebsmaschine/unter Segel. Da wir uns hier jedoch auf einer Segelhomepage befinden, wird hier ausschliesslich zweitere Variante behandelt, wobei bei der ersteren jedoch lediglich einige Prüfungsteile wegfallen.

Der SSS besteht aus einem Theorie und einem Praxisteil. Die Theorie zum SSS besteht aus den vier Teilbereichen Navigation, Schiffahrtsrecht, Wetterkunde und Seemannschaft.

Navigation

Die Navigation wird gegenüber dem BR-Schein erheblich vertieft und um einige Teilbereiche erweitert, im SBF See kam sie ja ohnehin kaum vor.

Sie umfaßt

  • den Gebrauch und die Berichtigung von Seekarten und der weiteren nautischen Veröffentlichungen, wobei das Leuchtfeuerverzeichnis für den Englischen Kanal nur noch in englischer Sprache zur Verfügung steht.
  • die Kurs- und Peilungsverwandlung,
  • die terrestrische Schiffsortbestimmung (ohne Vertikal- und Horizontalwinkel) einschließlich Wegepunktnavigation,
  • die terrestrische Kompaßkontrolle,
  • die Gezeitenkunde,
  • den Aufbau und Gebrauch von Gezeitentafeln (Neuerungen seit 1997) und Gezeitenstromatlanten,
  • die Lotungsbeschickung,
  • sowie das Passieren einer Barre und das Trockenfallen.
  • zusätzlich seit Jan. 1998 das Arbeiten in britischen Gezeitentafeln Admirality Tide Tables (A.T.T.)

Kurz Luft holen und weiter geht's mit der elektrischen Navigation (ohne Funkpeilung), also

  • Decca und Loran C ,
  • der Satelliten-Navigation (GPS),
  • dem Radar,
  • den Verbindungen elektronischer Navigationsgeräte
  • und den elektronischen Kartenplottern.

Hierbei gilt es auch, die Funktionsweise, Genauigkeiten, abgedeckten Seegebiete und Anwendungsmöglichkeiten der einzelnen elektronischen Navigationsanlagen bzw. terrestrischen Navigationsverfahren zu erläutern.

Schiffahrtsrecht

Der Bereicht Schiffahrtsrecht ist nur um wenige Punkte erweitert worden und besteht im einzelnen aus folgenden Punkten.

  • Die Bedeutung der einzelnen Schiffspapiere,
  • die Logbuchführung,
  • die Ausrüstungspflicht,
  • die Besetzung des Schiffes,
  • dem Seeverkehrsrecht,
  • den Kollisionsverhütungsregeln (KVR) in der jeweils geltenden Fassung einschließlich Radarplotten,
  • der Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung in der jeweils geltenden Fassung (Paragraphen 1 bis 35, 37) und nationalen Ergänzungsvorschriften soweit die Sportschiffahrt betroffen ist;
  • Hinweise auf nationale Ergänzungsvorschriften anderer Staaten zu den KVR,
  • der Verordnungen über die Sicherung der Seefahrt,
  • Seeunfalluntersuchung,
  • Umweltschutz (MARPOL-Übereinkommen: Sondergebiete, Protokol I; Helsinki-Übereinkommen),
  • die Verantwortung des Schiffsführers für Schiff und Besatzung,
  • die Rechtstellung von Schiff und Besatzung in ausländischen Häfen, sowie verkehrsrechtlich einschließlich Schiffsführung und Wachdienst, desweiteren strafrechtlich und zivilrechtlich,
  • die Sicherheit der an Bord befindlichen Personen
  • und abschließend der Seenot- und Sicherheitsfunk.
Es handelt sich hier also wieder um eine ganze Menge auswendig zu lernender Regelungen, wie das beim SBF See und BR-Schein auch der Fall war. Aber glücklicherweise sind die Lichterführung und die Schallsignale ja noch hinreichend bekannt (oder auch nicht) und Radarplotting ist sogar recht interessant.

Wetterkunde

Der Teilbereich Wetterkunde ist (glücklicherweise) gegenüber dem BR- und SBF-See-Schein deutlich umfangreicher ausgefallen. Nach diesem Teilbereich wird es dem Interessierten möglich sein, das Wetter und seine Entwicklung erheblich besser einzuschätzen und die im zur Verfügung stehenden Informationen auszuwerten.
Hier werden folgende Punkte behandelt.

  • Allgemeine Begriffe der Wetterkunde,
  • Wolkenformen,
  • Druckgebilde
  • regionale Wettererscheinungen (Mistral, Bora, Meltemi usw.),
  • Auswertung von Seewetterberichten/Wetterfaxen,
  • wichtige Wetterregeln,
  • Ursachen von Nebel, Seegang
  • sowie meteorologische Meßgeräte.

Seemannschaft

Last but not Least kommen wir zur Seemannschaft. Segelinteressierten wird hier wenig neuer Stoff vermittelt, jedoch wird alles rundum aufgefrisch.
Hierzu gehören

  • die Sicherheitsausrüstung einschließlich Funk (Anwendung un Gebrauch),
  • Seetüchtigkeit,
  • Maßnahmen bei Havarie, Kollision, Seenot, Mann-über-Bord,
  • Manövrierverhalten von Seeschiffen,
  • Fahren in schwerem Wetter,
  • Sicherheitsdienst (Sicherheitsrolle), Brandschutz, Leckabwehr,
  • Hilfeleistung, Suche und Rettung im Seenotfall,
  • Maßnahmen bei Unfällen und Unterkühlung: Erste-Hilfe-Maßnahmen, Erstbehandlung, funkärztliche Beratung,
  • sowie Ankermanöver.

Literatur

Aus eigener Erfahrung möchte ich folgende Werke zum Erlernen des Stoffes empfehlen.
Zum einen das Buch von Dietrich v. Haeften "Sportseeschifferschein" und das dazugehörige Übungsbuch "Übungen und Aufgaben zum Sportseeschifferschein" beides bei Delius Klasing erschienen. Insbesondere das Übungsbuch (zum. in der 1. Aufl.) weist leider einige Fehler in den Lösungen auf, jedoch sind darin die Verfahren gut beschrieben und daher ist es sehr empfehlenswert.
Weiterhin sollte man sich unbedingt das Heft "Sicherheit im See- und Küstenbereich" zu Gemüte führen, da insbesondere bei den elektronischen Navigationsverfahren darauf in der Prüfung bezug genommen wird. Es wird von Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH), Bernhard-Nocht-Straße 78, 20359 Hamburg, Tel. (049) 3190-0 herausgegeben, kann jedoch auch bei den größeren Wassersportmessen kostenlos beim DSV-Stand bezogen werden. Der DSV empfiehlt darüber hinaus die kommentierten Kollisionsverhütungsregeln von Dr. Wolfgang Paul, da im Teilbereich Schiffahrtsrecht besonders hohe Durchfallquoten bestehen. Es ist im DSV-Verlag erschienen. Ich persönlich halte es zwar für recht interessant, denke jedoch, daß man bei intensivem Durcharbeiten der zuvor genannten Werke ausreichen geschult ist.

Über den Stoff im SSS-Buch hinaus muß man sich auch die Kenntisse des BR-Scheins (wieder) aneignen, da diese vorausgesetzt (und ggf. auch geprüft) werden. Wer dann noch gerne weitere, umfassende Informationen zu den SSS und SHS haben möchte oder eine Musterprüfung mit Lösung, sollte sich noch den "Leitfaden für den Sportsee- und Sporthochseeschifferschein" vom DSV-Verlag gönnen.

Darüber hinaus benötigt jeder für die Prüfung folgende Utilities:

Achtung: Seit Jan. 1998 sind neue Übungskarten und ein neues Begleitheft zu verwenden!

  • Übungsseekarten D 36 (1997) und BA 2656 (1997) - für den SSS
  • die INT 1,
  • das Begeltheft "Hilfsmittel für Ausbildung und Prüfung" vom DSV-Verlag (1997),
  • die Vordrucke für das Radarplotten,
  • sowie Zirkel und Kursdreiecke und einen Taschenrechner (wenn man zu faul ist, im Kopf zu rechnen).

Ich selbst habe die erstaunliche Erfahrung gemacht, daß die Verkäufer in vielen Fachläden nicht wissen, was ein Radar-Plotting-Sheet ist und nenne daher mal als sichere Quelle die Druckerei Paul Moehlke OHG, Hohenfelder Allee 17-19, D-22087 Hamburg, Tel. (040) 256027, wobei es natürlich auch noch andere Hersteller gibt.

Praxis

Kommen wir nun zur Praxis. Sie umfaßt als Pflichtmanöver zur Seemannschaft

  • das Steuern nach Kompaß und/oder festen Seezeichen (Deckpeilung, Richtfeuer),
  • die Durchführung von Segelmanövern
  • und die Durchführung eines Rettungsmanövers.

Zur Pflichtfertigkeit Navigation gehören

  • das Radar, nämlich Einschalten und Abstimmen des Gerätes,
  • Erläuterung der Bedienelemente
    • Ausblenden der Vorauslinie,
    • feste und bewegliche Meßringe,
    • Peilstrahl,
    • Regenenttrübung,
    • Seegangsenttrübung,
    • Bereichswahl,
    • Erläuterungen der relativen Darstellungsarten und der damit zusammenhängenden Arten der Peilungen,
    • Bestimmung des Schiffsortes mittels Peilung und/oder Abstand.

Diese Manöver sind zwingend von jedem auszuführen. Desweiteren gilt es in der Seemannschaft wahlweise (natürlich wählen die Prüfer) max. zwei der folgenden Manöver vorzuführen.

  • An- und Ablegemanöver (mit Antriebsmaschine),
  • Handhabung des Schiffes beim Ein- und Auslaufen,
  • Drehen auf engem Raum (mit Antriebsmaschine)
  • oder Durchführung eines Schleppmanövers (mit Antriebsmaschine).
Desweiteren wahlweise eine der folgenden Fertigkeiten.
  • Anwendung von Leinen beim An- und Ablegen (Spring, Vor- und Achterleine, Leine auf Slip) sowie bei schwerem Wetter,
  • Verbinden von Tauwerk gleicher oder unterschiedlicher Stärke,
  • Umgang mit Segeln (Setzen, Reffen, Bergen),
  • Reparatur von Segeln, Leinen und Rigg,
  • Prüfung der Seetüchtigkeit einschließlich der Vollständigkeit der Sicherheitsausrüstung.
Im Bereich Navigation ebenfalls wahlweise eines der folgenden Fähigkeiten.
  • Gebrauch des Handpeilkompasses und/oder der Peilscheibe
  • oder Erläuterung der Bedienelemente und Feststellung der Postion von Decca oder Loran C
  • oder Erläuterung der Bedienelemente und Feststellung der Position bei GPS.
Hinzu kommt die praktische Wetterkunde, nämlich
  • Ablesen und Bedienen der Wetterinstrumente (Barometer, Thermometer, Barograph, Windmeßanlage),
  • Benennung der Wolkenformen,
  • Aufnahme und Auswertung des Seewetterberichtes/Wetterfaxes,
  • Beurteilung der Wetterlage zur Zeit der Prüfung.
Und zum Schluß wahlweise 2 Fertigkeiten aus dem Bereich Motor, Elektrische Anlagen und Gasanlagen.
  • Kontrolle des Motors (Batteriezustand, Anlasser, Ölstand, Kühlwasserpumpe),
  • Störungen des Motors
    • zu niedriger bzw. zu hoher Öldruck,
    • Verhalten bei Ausfall des Motors,
    • Verhalten bei Ausfall der Kühlwasserpumpe,
    • Warnleuchte der Ladekontrolle erlischt nicht
  • Kontrolle der elektrischen Anlagen und Beseitungen von Störungen.
  • Selbiges bei Gasanlagen.

> Bei der praktischen Prüfung wird sehr viel Wert auf eine gute Mannschaftsführung und eine korrekte Kommandosprache gelegt. Daß die Manöver sauber gefahren werden müssen, versteht sich von selbst. Auch wird man während der Ausbildung erstaunt feststellen, wie viele Löcher so ein Segelboot unter dem Wasserspiegel hat (welche natürlich glücklicherweise durch Seeventile oder Dichtungen abgedichtet sind). Die praktische Prüfung deckt also im Prinzip (fast) sämtliche Manöver ab, die es für einen Fahrtensegler gibt. Darüber hinaus werden die wichtigsten und häufigsten Reparaturen und Wartungsarbeiten für das Schiff erlernt. Es wird also bei der praktischen Prüfung ein gewisses Maß an Erfahrenheit vorausgesetzt, ohne die die Prüfung kaum zu bestehen sein wird.

Aber wir wissen ja ohnehin alle, die See prüft noch einmal nach.

Voraussetzungen

So, fehlt nun nur noch die Beantwortung der Frage, wer kann den SSS denn nun überhaupt erlangen?

Voraussetzung für die theoretische Prüfung ist der SBF See und mindestens 500 sm als Wachführer oder dessen Vertreter auf Segelyachten. Mit SBF See und BR-Schein kann man ohne weiteren Nachweis von Seemeilen direkt zur theoretischen Prüfung erscheinen.

Dort wird er 120 min. in Navigation, 60 min in Schiffahrtsrecht, 60 min Seemannschaft und 30 min in Wetterkunde geprüft.
Achtung: Die Dauer der Prüfungen hat sich geändert, genaueres ist mir aber (noch) nicht bekannt.

Bestanden ist eine Teilprüfung wenn mind 65% der Punkte erreicht wurden oder wenn zwischen 55-64% erreicht wurden und zusätzlich eine mündliche Prüfung bestanden wurde. Jeder Teilbereich ist für sich zu bestehen.

Die theoretische Prüfung kann auch in Teilbereichen abgelegt werden, also z.B. nur Seemannschaft und an einem späteren Termin Navigation usw. Hierfür darf man sich jedoch maximal 24 Monate Zeit lassen.

Die praktische Prüfung kann ablegen, wer als Besitzer des SBF See insgesamt mindestens 1000 sm als Wachführer oder dessen Vertreter auf Segelyachten im Seebereich "abgesegelt" hat oder als Besitzer von BR und SBF See mindestens 700 sm auf einer Segelyacht im Seebereich verbracht hat (und sei es nur als an Bord befindlicher Zuschauer).
Für alle Prüfungen darf man sich maximal 36 Monate Zeit lassen.

Es ist auch möglich, aber eher nicht empfehlenswert, die praktische Prüfung vor der theoretischen abzulegen.
Besonders glücklich ist, wer vor dem 31.12.93 den BK-Schein erlangt hat, er kann ihn sich in den SSS umschreiben lassen. Wurde vor dem 31.12.93 das Sportseeschifferzeugnis erlangt, entfällt die theoretische Prüfung und es ist nur noch die praktische Prüfung erforderlich.

Weitere Informationen zu dem SSS und SHS werden von der Zentralen Verwaltungsstelle für den SSS und SHS erteilt:

DSV
Gründgensstraße 18
22309 Hamburg
Tel. (040) 632009-14
Dort sind auch die Prüfungstermine und -orte erhältlich.

Noch einmal die Änderung zum Januar 1998

  • Verwendet werden jetzt die Seekarten D 36 und BA 2656 aus 1997 für den SSS sowie,
  • die Seekarten D 50 und BA 2656 ebenfalls aus 1997 für den SHS.
  • Begleitheft auf das Jahr 1997 umgestellt, jetzt mit teilweise englischen Leuchtfeuerverzeichnissen und britischen Gezeitentafeln,
  • Auszüge aus den HO-Tafeln Bd. 1 nicht mehr im Beleitheft enthalten und deshalb ggf. gesondert mitzubringen.
  • Außerdem gibt es wohl Neuerungen in den deutschen Gezeitentafeln, welche mir jedoch noch nicht näher bekannt sind.
  • Die Dauer der einzelnen Teilprüfungen habt sich geändert.
Über Anregungen und weitere Änderungen freut sich Patrick Schulze