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Großsegler:
Die Bark 'Alexander von Humboldt'

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Letztes Update 01/2023
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Das Segelschiff Alexander von Humboldt ist eine stählerne deutsche Bark, die 1906 als Feuerschiff unter dem Namen Reserve Sonderburg gebaut wurde. Mitte der 1980er Jahre wurde sie als Feuerschiff außer Dienst gestellt und zum Segelschiff umgebaut. Seither dient sie als Jugend- und Ausbildungsschiff.

Das Schiff wurde im Jahr 1906 als Reserve-Feuerschiff Reserve Sonderburg vom preußischen Seefahrtministerium geplant und in Auftrag gegeben. Am 10. September 1906 lief es bei der Bremer Weserwerft, der späteren AG Weser, mit der Baunummer 155 vom Stapel.

Planungsgrundlage war, wie bei vielen anderen Feuerschiffen auch, ein seetüchtiger Segelschiffsrumpf (oft nach dem führenden Konstrukteur bei Tecklenborg, Dr.-Ing. h. c. Georg Wilhelm Claussen, Claussen-Rumpf genannt), auf den aber anstelle dreier normaler Segelmasten zwei Segelmasten (Fock- und Besanmast) und ein Laternenmast auf Großmastposition aufgesetzt wurde. Feuerschiffe dieser Zeit waren quasi als Schoner getakelt, d. h. sie hatten für alle Masten auch die entsprechenden Segel an Bord. Wie alle Feuerschiffe war es rot gestrichen und trug weiße Schriftzeichen.

Nach dem Umbau zum Segelschulschiff mit Barkrigg erhielt es ein langes Poopdeck zur Unterbringung der Mannschaften, neues stehendes und laufendes Gut, einen längeren Klüverbaum, einen grünen Anstrich und eine grüne Besegelung. Den heutigen Namen Alexander von Humboldt, oft kurz Alex, trägt das Segelschiff seit 1988.

Zweck eines Reservefeuerschiffes war die Vertretung eines Stamm-Feuerschiffes während der jährlichen Werftliegezeiten. Auf welchen Namen es genau getauft wurde, ist nicht ganz geklärt; sowohl der Name Reserve Fehmarnbelt (nach dem ersten Einsatzort), als auch Reserve Sonderburg (auch Reserve.Sonderburg mit Name Reserve, Heimathafen Sonderburg) tauchen auf. Anhand der Schiffsglocke ist allerdings die letztgenannte Möglichkeit, also einfach Reserve mit Heimathafen Sonderburg, am ehesten anzunehmen. Ab 1920, nachdem Sonderburg dänisch wurde (siehe Sønderborg), hieß das Schiff Reserve Holtenau.

1906?1939 Einsatz als Reserve-FS für die Stationen: Adlergrund, Jasmund (bis 1925), Fehmarnbelt (1. Einsatzort), Gabelsflach, Kiel, Kalkgrund/Flensburg, Amrumbank, Außeneider
1914?1918 Einsatz als Kriegsfeuerschiff Ost auf verschiedenen Ostsee-Stationen
1920?1945 Umbenennung in Reserve-Holtenau (1920, Heimathafen Kiel-Holtenau); Einsatz auf wechselnden Positionen, hauptsächlich in der Ost- und auch in der Nordsee
1945 fester Standort: Übernahme der Station Kiel, an Position 54° 30? N, 10° 18? O54.510.3 und Umbenennung in Kiel (III) wegen Verlust des Stamm-FS Kiel (II) von 1902 durch Fliegerbomben
1946 Eigner und Dienstherr: Wasser- und Schifffahrtsdirektion Kiel
1950 Austausch der Dampfmaschine (175 PS) gegen Dieselmotor (300 PS)
4. Januar 1957 Kollision mit finnischem Motorschiff Satu, wegen Wassereinbruchs in flaches Wasser geschleppt, auf Grund gesetzt, am 13. Januar 1957 gehoben, Instandsetzung und Modernisierung: Staatswerft in Rendsburg-Saatsee; nach mehr als zwei Jahren 1959 wieder auf Stammposition im Einsatz
5. Juli 1967 Einsatz als Reserve-Feuerschiff Kiel wegen Inbetriebnahme des neu erbauten Leuchtturmes Kiel für die Stationen (meist Nordsee) Fehmarnbelt (Ostsee), Elbe 1, Weser, Borkumriff, P8, P12, Deutsche Bucht; Eigner: Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck
1970 Einbau eines neuen Dieselmotors mit 510 PS
21. September 1983 Eignerwechsel (neuer Dienstherr): Wasser- und Schifffahrtsamt Wilhelmshaven
10. Oktober 1983 Einsatz als Stamm-FS auf Station Deutsche Bucht wegen Außerdienststellung von FS Amrumbank (II)
1986 Einsatz als Elbe 1-Reserve und Weser-Reserve (8. Juli 1986)
17. September 1986 Kollision auf Weser-Station mit liberianischem Motorschiff Ocean Wind, wegen Schäden am 23. September 1986 Außerdienststellung und Reparatur in Wilhelmshaven, Umbenennung in Confidentia und Überführung nach Bremerhaven; Ersatz der vakanten Weser-Station durch vollautomatisches Feuerschiff FS1

Nach ihrer Außerdienststellung wurde das Feuerschiff bereits am 30. September von der Deutsche Stiftung Sail Training, einer Stiftung zur Förderung des Jugendsegelns (getragen u. a. vom Automobil-Spediteur E. H. Harms GmbH & Co. und der Brauerei Beck & Co.) gekauft. Die Deutsche Stiftung Sail Training ist in der Sail Training Association Germany (STAG) organisiert, einem nationalen Zusammenschluss von Segelausbildungsschiffen. Sie ließ das Schiff mit viel Eigeninitiative und in Zusammenarbeit mit den MWB Motorenwerken Bremerhaven nach Plänen des polnischen Schiffsarchitekten Zygmunt Choren' für 2,2 Millionen DM zu einem Großsegler (Bark) umbauen. Als Referenz an die Segelschiffe der Rickmers Reederei wurde der Rumpf dauerhaft grün gestrichen. Nach der Probefahrt am 3. März 1988 erfolgte am 20. Mai 1988 die Taufe des fertigen Schiffs nach dem deutschen Naturforscher auf den Namen Alexander von Humboldt und damit die offizielle Indienststellung durch die Deutsche Stiftung Sail Training. Die Laterne des Feuerschiffes wurde vor dem Kieler Schiffahrtsmuseum (in der ehemaligen Fischhalle unmittelbar am Kieler Hafen) aufgestellt.

Seit ihrem Umbau hat die Alexander von Humboldt weit über 300.000 Seemeilen zurückgelegt, dies entspricht etwa dem vierzehnfachen Äquatorumfang. Höhepunkte sind jedes Jahr die Tall Ships' Races (früher Cutty Sark Tall Ships? Races), Regatten, bei denen sich vor allem Großsegler und speziell deren jugendliche Mannschaften aus aller Welt treffen, sowie die Wintertörns um die Kanarischen Inseln herum. Im Sommer segelt das Schiff hauptsächlich in Nord- und Ostsee. Die Alexander von Humboldt dient des weiteren als Windjammer für die Jugend als Segelschulschiff für zahlende Gäste allen Alters, die das Segeln auf Großseglern erlernen wollen.

Eine der weitesten Reisen führte die Alexander von Humboldt auf von Humboldts Spuren (zum Gedenken an dessen Südamerika-Expedition vor 200 Jahren von 1799?1804) nach Südamerika und in die Karibik von Oktober/November 2003 bis Mai 2004. Zur Feier der Indienststellung vor 100 Jahren startete die Alexander von Humboldt im Herbst 2005 erneut zu einer Reise nach Südamerika. Die einzelnen Stationen der Jubiläumsreise waren Bremerhaven, St. Malo, Lissabon, Kanarische Inseln, Kapverdische Inseln, Rio de Janeiro, Buenos Aires, Ushuaia (Feuerland), Valparaíso, Callao, Balboa (Panama-Kanal), Havanna, Bermudas, Azoren, St. Malo und wieder Bremerhaven. Im Rahmen dieser Reise passierte das Schiff am 13. Januar 2006 um 7:03 Uhr Ortszeit unter Führung von Kapitän Klaus Ricke Kap Hoorn, die Südspitze Südamerikas. Die Alexander von Humboldt war damit der erste Großsegler (und bis jetzt (Stand: Februar 2007) der einzige) unter deutscher Flagge, der seit 1949 Kap Hoorn umrundet hat. Sie passierte unter Segeln das Kap in Ost-West-Richtung, trotz Windstärke 10 Beaufort, in Böen 11 Beaufort, aus West. Am 19. Januar 2006 gelang einer zweiten Crew unter Kapitän Ulrich Lamprecht die Anlandung auf dem berühmten Felsen.

International bekannt wurde das Schiff als Werbeschiff für die Brauerei Beck & Co. (Beck?s Bier) und für seine grünen Segel, einer Werbeaktion von Beck & Co. Damit ist die Alexander von Humboldt neben dem Segelschulschiff Gorch Fock der Bundesmarine der wohl bekannteste Rahsegler Deutschlands. Dieser Werbevertrag ist in der Zwischenzeit ausgelaufen, die Segel blieben aber grün.

2010 wurde die Alexander von Humboldt durch einen Neubau ersetzt, da der Betrieb des alten Rumpfes zu kostspielig wurde. Das neue Schiff trägt den Namen Alexander von Humboldt II.



Weblinks:
Die 'Alexander von Humboldt' in Wikipedia
Medien in der Kategorie 'Alexander von Humboldt'
Segelschiffstypen in Wikipedia
Feuerschiff Reserve Sonderburg (frühe Schiffsgeschichte der Alexander von Humboldt)

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Schlagwörter: Alexander von Humboldt, Bark, Feuerschiff, Reserve Holtenau, Ausbildungsschiff, Sail Training Association, Deutsche Stiftung Sail Training, Beck?s Bier, Großsegler, Segelschiffe, Film
'Alexander von Humbold' unter Segel 'Alexander von Humbold' unter Segel (Bild Dzoker)
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Rigg der 'Alexander von Humbold' Rigg der 'Alexander von Humbold' (Bild Immanuel Giel)
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Heck der 'Alexander von Humbold' Heck der 'Alexander von Humbold' (Bild Immanuel Giel)
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Bug der 'Alexander von Humbold' Bug der 'Alexander von Humbold'  (Bild wkn) Großbild klick!
Die grünen Segel der  'Alexander von Humbold' Die grünen Segel der 'Alexander von Humbold'
(Bild Dirk Unger)   Großbild klick!
Größenvergleich (Modelle) 'Alexander von Humbold' : Pamir Größenvergleich (Modelle) 'Alexander von Humbold' : Pamir
(Bild wkn) Großbild klick!
'Alexander von Humbold' als Feuerschiff und Lotsenstation
'Alexander von Humbold' als Feuerschiff und Lotsenstation