Zur Ausbildung des Nachwuchses der Marineoffiziere bedient sich Deutschland seit ca. 150 Jahren in fast ununterbrochener Reihenfolge großer Seglschulschiffe und befindet sich damit in Übereinstimmung mit vielen anderen Marinen in West und Ost. Auch die Handelsmarine hat lange Jahre ihren Führungsnachwuchs auf Segelschulschiffen ausgebildet. Verschiedene seefahrende Nationen tun dies in Teilen auch heute noch.
Schon 1844 besaß die preußische Marine mit der als Vollschiff getakelten Segelkorvette 'Amazone' ein Schulschiff. Die Flotte des Deutschen Bundes (1848-1852) hielt die Segelfregatte 'Deutschland' als Schulschiff in Dienst, sogar die kleine schleswig-holsteinische Marine (1848-1851) besaß mit dem Schoner 'Elbe' ein Segelschulschiff.
Nach dem Untergang der 'Amazone' 1861 wurde nur ein Jahr später das Vollschiff 'Niobe' in Dienst gestellt. Insgesamt hat die preußische Marine bis 1890 noch vier weitere Schulschiffe verwandt, die Fregatten bzw. Korvetten 'Mercur', 'Gefion', 'Thetis' und 'Arcona', die z.T. erst nach über 50jähriger Dienstzeit abgewrackt wurden.
Die Kaiserliche Marine bildete bis 1908 Seekadetten und Schiffsjungen auf sogenannten gedeckten Korvetten, ca. 82 m langen Vollschiffen mit 2210 qm Segelfläche aus. Insgesamt waren 5 Schulschiffe, SMS 'Moltke', 'Stosch', 'Stein', 'Gneisenau' und 'Charlotte' im Dienst. Diese Schiffe unternahmen schon regelmäßig Auslandsbildungsreisen mit ihrer jeweiligen Crew.
Nach dem ersten Weltkrieg begann die Reichsmarine schon 1921 erneut mit der Segelschulschiffsausbildung. Hierfür wurde die zur Bark umgebaute 'Niobe' in Dienst gestellt, die bis zu ihrem Untergang im Fehmarnbelt die Kadetten die erste Seemannschaft erleben ließ.
'Charlotte'
Anfang der 1880er Jahre benötigte die Kaiserliche Marine ein neues Schulschiff. Die Planungen für einen Neubau fanden in den Jahren 1881 und 1882 statt. Die Kaiserliche Werft Wilhelmshaven streckte am 2. April 1883 den Kiel für das Schiff. Aufgrund von Kürzungen und Verschiebungen von Finanzmitteln durch den Reichstag stand der Neubau jedoch erst am 5. September 1885 zum Stapellauf bereit. Die Taufe des Schiffs auf den Namen der preußischen Prinzessin Charlotte sollte deren älterer Bruder, Prinz Wilhelm, vornehmen. Da dieser jedoch verhindert war, übernahm der Chef der Admiralität, Leo von Caprivi, den Taufakt. Die Charlotte wurde im Herbst 1886 als letztes Segelkriegsschiff mit Maschinenhilfsantrieb der Kaiserlichen Marine fertiggestellt.
Nach dem Verlust 'Niobe' wurde nicht etwa der Gedanke der Segelschulschiffsausbildung aufgegeben, sondern die Reichs- und Kriegsmarine stellten erneut Segelschiffe in Dienst, die jedoch im Bereich der Stabilität und der Schiffssicherheit höheren Ansprüchen genügten. So folgten 1933 die "Gorch Fock", dann als russische 'Towarischtsch' im Dienst, heute als Museumsschiff 'Goch Fock I'
in Stralsund.
1936 die "Horst Wessel" heute 'Eagle', die seit Kriegsende der US Coast Guard
als Ausbildungsschiff dient, und 1938 die "Albert Leo Schlageter", heute
bekannt unter dem Namen 'Sagres II' der portugisischen Marine.
Die junge Bundesmarine entschloß sich zur Kontinuität in der Ausbildung auf Segelschulschiffen und stellte 1958 ihre 'GORCH FOCK' in Dienst, die jetzt seit fast 40 Jahren zur Ausbildung der Offiziersanwärter und der seemännischen Unteroffiziere Dienst.
Auch die deutsche Handelsmarine betrieb im 20. Jahrhundert Segelschulschiffsausbildung für ihren Nachwuchs. Der deutsche Schulschiffsverein besaß Ende des ersten Weltkriegs drei reine Schulschiffe, die 'Großherzogin Elisabeth', heute als 'Duchesse Anne' in Brest liegend, die 'Prinzess Eitel Friedrich' (Blohm + Voss, Bau Nr.202, 1910), seit 1982 als 'Dar Pomorza' Museumsschiff in Polen und die 'Großherzog Friedrich August', die heute als 'Stadsraad Lehmkuhl' in Bergen beheimatet ist.
Deutsche Großreedereien hielten zwischen den beiden Weltkriegen frachtfahrende Segler in Fahrt, eine Anzahl von Kadetten wurde jeweils in die Stammbesatzung integriert.
Überwiegend fahren diese Schiffe auch heute noch, so die 1926 gebaute 'Padua' der Reederei Laeisz als 'Kruzenstern' ebenso unter russischer Flagge wie das ehemalige Schulschiff des Norddeutschen Lloyds die 'Komodore Johnsen', heute als 'SEDOV' in Odessa beheimatet. Das Hapag-Schulschiff 'Admiral Karpfanger' ging 1938 zwischen Neuseeland und Kap Horn verloren, ein weiteres Schulschiff der Reederei Laeiz, die 'Priwall' (Blohm + Voss, Bau Nr.234, 1919) lag bei Kriegsausbruch in Chile, blieb dort und brannte 1941 völlig aus.
Zwei kleinere Schulschiffe, das 'Schulschiff Deutschland' und die 'Seute Deern' verblieben nach dem Kriegsende in Deutschland und dienen heute in Bremerhaven als schwimmende Gaststätte, bzw. als stationäres Schulschiff für Schiffsjungen in Bremen.
1952 brachte der Reeder Schliewen die Viermastbarken 'Pamir' (Blohm + Voss, Bau Nr.180, 1905) und 'Passat' (Blohm + Voss, Bau Nr.206, 1911) als Schulschiffe wieder in Dienst, die bis zum Verlust der 'Pamir' 1957 die letzten frachtfahrenden Segelschulschiffe der Welt waren und bis zu 56 Kadetten an Bord hatten.
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