EUROPÄISCHES SEGEL-INFORMATIONSSYSTEM
Unfallbericht:
Was passierte auf der 'Louis Majesty'?
            von Peter O. Walter


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Archivbild der "Louis Majesty"   Großbild klick!
(05.03.10) Viel Unsinn wird derzeit in der Presse über den Unfall auf der "Louis Majesty" geschrieben. Von einem "gegen den Uhrzeigersinn drehenden Tief" ist da die Rede (alle Tiefs auf der Nordhalbkugel drehen gegen den Uhrzeigersinn) und von einer "weißen Wand".
Zitat: "Ein 69-jähriger Mann aus Nordrhein-Westfalen und ein Italiener wurden erschlagen ..." stimmt auch nicht: Der 69-Jjährige aus Deutschland wurde NICHT erschlagen sondern starb an einem Herzinfarkt ...
Hier waren Journalisten am Werk, bar jeder Fachkenntnis aber mit viel Sinn für Sensationsmache ...
Wir berichten über die tatsächlichen Ursachen.

Acht Meter hohe Freak-Wellen zertrümmerten am 3.3.2010 gegen 1630 Uhr mehrere Fenster im vorderen Bereich von Deck 5 an Bord des Kreuzfahrtschiffes "Louis Majesty", 32396 BRZ (IMO-Nr.: 8814744) im Mittelmeer, rund 130 Kilometer nordöstlich von Barcelona. In dem dort gelegenen Restaurant starben zwei Menschen, ein 69-jähriger Deutscher aus Nordrhein-Westfalen und ein Italiener, 14 weitere Fahrgäste wurden verletzt.

Was war passiert?

Es ist gerade Kaffee und Kuchen-Zeit. Rund 70 Urlauber haben sich zu einem Drink im Salon auf Deck fünf versammelt, durch die großen Fenster am Bug des Kreuzfahrtschiffes "Louis Majesty" beobachten sie die aufgewühlte See.

Die "Louis Majesty" ist am ursprünglichen Ziel Barcelona vorbeigefahren und befindet sich südlich des Golfes von Lion. Sie ist auf dem Weg nach Genua: Gegen 16 Uhr 30 wurde der mit Stabilisatoren für hohen Seegang ausgerüstete, 207 Meter lange Kreuzfahrer von der ersten Welle getroffen, wie Augenzeugen berichten; geschätzte Höhe: acht Meter. Sie richtet noch keinen Schaden an.

Kurz darauf folgt eine zweite Welle, bis zu zehn Meter türmt sie sich auf, die Fenster im Salon bersten. Dann die dritte Welle: Mit ungeheurer Wucht dringt Wasser ein, wirft Tische und Stühle um, Glasscherben und Fensterrahmen fliegen durch die Luft.

Wetterlage am 3.3.2010 gegen 1630 Uhr   Großbild klick!
Es waren die berüchtigten "drei Schwestern", damit bezeichnen Seefahrer drei hintereinander folgende Freakwaves, von denen die dritte meist die höchste ist. Die zweite Welle hat in diesem Fall die Fester zertrümmert, die dritte und höchste dann die erheblichen Schäden verursacht. Wellen dieser Höhe sind für das Mittelmeer ungewöhnlich: Dazu fehlt einfach der 'Fetch' (das ist die Anlaufstrecke, die der Wind benötigt um Wellen dieser Höhe aufzubauen). So können nur außergewöhnliche Umstände die Ursache sein und die waren gegeben: Zum Unglückszeitpunkt wehte von Frankreich her zum ersten ein starker Mistral, dazu kam ein kleines schnell ziehendes Sturmtief, das in diesem Gebiet nordostwärts zog. Das bewirkte auf der Vorderseite eine Abschwächung des Mistral, auf der Rückseite aber eine wesentliche Verstärkung, was die ungewöhnliche Wellenhöhe erklärt. Und genau in dieser Zone war die "Louis Majesty" unterwegs.

Was hätte der Kapitän tun können?
  • Beidrehen wie das Segler in einem solche Fall tun, kann ein Kreuzfahrer natürlich nicht. Die Fahrt so weit zurücknehmen dass noch Ruderwirkung besteht, hätte wohl den Unfall verhindert. Fakt ist, dass das Schiff für diese Verhältnisse zu schnell war.
  • Zum zweiten wäre es möglich gewesen, vor dem Sturm abzulaufen, d.h. umzudrehen und mit dem Wind (und den Wellen) von hinten zurückzufahren, nach Bercelona, was der Kapitän nach dem Unfall und damit zu spät dann auch getan hat.


Karlheinz Follert, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Kapitäne, schließt einen Fahrfehler des Kapitäns nicht aus. „Es gibt häufiger derart schlechte Wetterverhältnisse im Golf von Lyon“, sagt er. „Dann muss man eigentlich den Kurs anpassen und die Geschwindigkeit drosseln.“ Eine gute Seemannschaft könne ein Schiff durch acht Meter hohe Wellen steuern.

Der Unfall erinnert in fataler Weise an die "Grand Voyager" (Bericht) die am 14. Februar 2005 ebenfalls im Frühjahr(!) und im gleichen Seegebiet(!) Seeschlag erlitten hatte ...





Louis Majesty am 15.3.10 in Valetta   Großbild klick!
Horst Ahlbrecht schreibt:
Hallo ESYS,
in der Zeit vom 12.3. bis 24.3. war ich Passagier auf der Louis Majesty. Am 13.3. habe ich mir auch den Salon in Bug auf Deck 5 angesehen. Von den Schäden war nichts mehr zu sehen.

Auf der Fahrt nach Barcelona gab es eine Starkwind-Warnung. Der Kapitän änderte daraufhin den Kurs direkt auf Marseille/Genua. Auf See durchschlug ein Brecher (ca. 8 mtr.) eines der Fenster des Salons auf Deck 5. Mehrere Brecher stiegen ein. Dadurch wurden 2 Passagiere getötet und mehrere andere verletzt.

Aus meiner Sicht trägt der Kapitän die Verantwortung. Er hat versäumt die Frontfenster des Salons mit den vorhandenen Blenden gegen Brecher zu sichern. Die Blenden sind an Deck 5 auf dem Vorschiff Backbord an der Schanz gestaut. Die Fenster haben Schraubverriegelungen zum Befestigen der Blenden. Diese Vorrichtungen sind sichtbar älter als 3 Wochen. Vermutlich, um den Gästen im Salon ein Schauspiel zu geben, -das "Schauspiel" wurde ja auch gefilmt, - hat er die Fenster nicht mit den Blenden gesichert (gepanzert). Das, obwohl er wissen musste, dass das Vorschiff keine wellenbrechenden Aufbauten auf dem Vorschiff hat. Bas Bild rechts zeigt deutlich auch das Vorschiff und höhengleich -Deck 5- die Salonfenster. (Das Foto entstand am 15.3. in Valetta.)

Nach dem Unglück lief das Schiff doch Barcelona an. Meine Reise begann mit einem anderen Kapitän.


Nach dem Unfall wurde Kapitän Georgios Delagrammatikas abgelöst und durch Kapitän Leonidas Panopoulos ersetzt.



Weblinks:
SOS-Seenotfälle, Archiv
Der mysteriöse Untergang der 'Beluga'
Chronik bedeutender Seeunfälle Antike bis 1499
Chronik bedeutender Seeunfälle 1500 bis 1899
Chronik bedeutender Seeunfälle 1900 bis 1949



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Schlagwörter: Louis Majesty, Kreuzfahrtschiff, Unfallbericht, Kreuzfahrer, Freakwave, freak wave, Mosterwellen, drei Schwestern, Weiße Wand, Mistral, Schiffahrt, in Seenot, Schiffsunglück

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